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Eichenprozessionsspinner: Antworten auf häufig gestellte Fragen
Hier erfahren Sie Wissenswertes zur Bekämpfung und zum Schutz.
1. Was ist der Eichenprozessionsspinner (EPS)?
Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) ist ein heimischer Nachtfalter, dessen Raupen stark reizende Brennhaare ausbilden. Diese Härchen können bei Menschen und Tieren gesundheitliche Probleme verursachen.
2. Warum ist der Eichenprozessionsspinner gefährlich?
Die Raupen besitzen ab dem dritten Larvenstadium sogenannte Brennhaare mit dem Nesselgift Thaumetopein. Diese können allergische Reaktionen auslösen:
- Hautausschläge (Rötungen, anhaltender Juckreiz)
- Atembeschwerden (Husten, Bronchitis, Asthma)
- Augenreizungen (Rötung, Juckreiz, Bindehautentzündung)
- Sehr selten Allgemeinsymptome wie Fieber oder Kreislaufreaktionen
3. Wann tritt der Eichenprozessionsspinner auf?
- Eierablage: Spätsommer (August/September)
- Raupenstadien: ab April/Mai
- Gefährliche Phase (wegen Brennhaaren): Mai bis Juli
- Verpuppung: Juli/August
- Falterflug: August
4. Wo kommt der Eichenprozessionsspinner vor?
Hauptsächlich auf Eichenbäumen – besonders an sonnigen, trockenen Standorten wie:
- Waldränder
- Parkanlagen
- Spielplätze
- Schulhöfe
- Straßenalleen
5. Wie erkenne ich einen Befall?
Typische Hinweise:
- Gespinste an Eichenstämmen oder Ästen
- Sichtbare Raupen in „Prozession“ (hintereinander laufend)
- Verlassene Larvenhäute in Nestern
- Dunkle, samtartige Nester mit Brennhaaren
6. Was tun bei Verdacht auf Befall?
- Nicht berühren!
- Abstand halten (mindestens 20 bis 50 Meter)
- Kinder und Haustiere fernhalten
- Fund bei Gemeinde oder Eigentümer melden
7. Wie kann der Eichenprozessionsspinner bekämpft werden?
Nur durch Fachbetriebe mit entsprechender Ausrüstung:
- Einsatz biologischer Insektizide (zum Beispiel Bacillus thuringiensis)
- Einsatz von Nematoden
- Absaugen der Nester mit Spezialgeräten
- Entfernen der Nester mit Heißwasser oder Schaum (mit Spezialgeräten)
- Nicht selbst entfernen!
Die Bekämpfung geschieht häufig in zwei Schritten: Nach einer Behandlung mit dem Biozid oder Nematoden, die vor dem dritten Larvenstadium vorgenommen wird, werden verbliebene Raupennester abgesaugt.
8. Wie kann man natürliche Feinde des Eichenprozessionsspinners fördern?
Die Förderung natürlicher Gegenspieler kann helfen, die Ausbreitung des EPS langfristig einzudämmen. Dazu zählen vor allem Vögel, Insekten und Kleinsäuger:
- Nistkästen für Meisen (besonders Kohl- und Blaumeisen)
→ Diese Vögel fressen die jungen Raupen in frühen Entwicklungsstadien
- Fledermauskästen anbringen
→ Fledermäuse fressen die erwachsenen Falter in der Nacht
- Blühflächen und insektenfreundliche Gärten anlegen
→ Unterstützt Nützlinge wie Schlupfwespen, Raupenfliegen und Käfer
- Vielfalt an Gehölzen fördern
→ Monokulturen aus Eichen vermeiden. Mischwälder mit unterschiedlichen Baumarten (zum Beispiel Hainbuche, Linde, Ahorn) bieten bessere Lebensräume für Nützlinge
- Totholz und Reisighaufen stehen lassen
→ fördert Kleinsäuger und Insekten, die indirekt das ökologische Gleichgewicht stärken
- Keine Breitband-Pestizide einsetzen
→ Sie töten auch nützliche Gegenspieler des Eichenprozessionsspinners
9. Wie kann ich mich schützen?
- Nicht notwendigen Aufenthalt in betroffenen Regionen vermeiden (Mai bis Juli)
- Langärmlige Kleidung, lange Hose und ggf. Handschuhe tragen in befallenen Gebieten
- Keine Härchen durch Kleidung oder Gegenstände in die Wohnung verbringen
- Fenster schließen, wenn in Windrichtung stehende Bäume in der Nähe befallen sind
- Wäsche wenn möglich nicht draußen trocknen
- Nester nicht eigenhändig entfernen
10. Was tun bei Kontakt mit Brennhaaren?
- Haut und Haare gründlich duschen,
- Augen mit viel Wasser ausspülen
- Betroffene Stellen vorsichtig abtrocknen, besser föhnen – Trockenrubbeln treibt die Brennhaare tiefer in die Haut
- Betroffene Hautpartien kühlen
- Kleidung wechseln
- Kleidung heiß waschen (mehr als 60 °C – hohe Temperatur führt zur Zerstörung der Eiweißstruktur)
- bei Hautreaktionen: Antihistaminika, Salben
- bei Atemnot, Schwindel, starker Reaktion: Arzt aufsuchen
11. Wer ist zuständig für die Bekämpfung?
- Auf Privatgrundstücken: Grundstückseigentümer
- Im öffentlichen Raum: der jeweilige öffentliche Eigentümer des Grundstückes,
der Straßen und Wege, (wie die Gemeinde, Stadt, der Landkreis, Landes- oder Bundesbehörden) - Kontaktieren Sie im Zweifel das örtliche Ordnungsamt
12. Wie findet die Bekämpfung im Landkreis Gifhorn statt?
- Die Gemeinden führen die Bekämpfung auf ihrem Gemeindegebiet durch.
Sie wählen das Bekämpfungsmittel nach eigener Entscheidung. Teilweise
werden Bäume in privatem Eigentum durch die Gemeinde mit behandelt.
→ Kostenerstattung durch die Privaten möglich
- Der Landkreis führt die Bekämpfung an seinen Kreisstraßen und auf seinen bebauten Grundstücken (zum Beispiel Schulen) durch, hierbei wird Foray ES (bacillus thuringiensis) verwendet, mit Ausnahme einer versuchsweisen Anwendung von Nematoden im Jahr 2024, die sich als nicht erfolgreich herausstellte.
Im zweiten Schritt werden verbliebene Nester an den Bäumen abgesaugt.
- Der Niedersächsische Landesbetrieb für Straßenbau behandelt die befallenen Eichen an Landes- und Bundesstraßen in eigener Zuständigkeit.
- Bekämpfung des EPS in Waldgebieten durch die Landesforst nach Waldrecht nur unter sehr engen Kriterien möglich, die nach Aussagen der Forst nicht vorliegen; eine Bekämpfung aus Gründen des Gesundheitsschutzes ist der Forst ohne Verfügung nicht möglich.
13. Wie erfolgt die Bekämpfung mit dem Biozid Foray ES?
- Zwei Aufbringungsmethoden:
1. Aufbringen durch Befliegen mit einem Hubschrauber: von oben auf die befallenen Bäume
Nachteile: schwer zu kontrollieren, sehr wetterabhängig, da auch Windstille erforderlich ist, damit das Mittel nicht abtreibt, Evaluation nach Befliegung zeigte keinen hohen Wirkungsgrad
2. Aufbringen durch Besprühen vom Boden aus: von einem ausgerüsteten Fahrzeug mit Druck in die Krone gesprüht
Nachteile: zeitaufwendiger, dafür weniger wind- und sonnenanfällig,
bei hohen Bäumen ist die Spitze schwer zu erreichen
- Auf die Blätter der Eiche aufgebracht, wirkt es dort für einige Zeit, dabei darf es nicht zu kalt (dann fressen die Raupen nicht) oder zu sonnig (begrenzt die Dauer der Wirksamkeit) sein oder regnen (wird von den Blättern abgewaschen), damit die Raupen Zeit haben, das wirksame Mittel aufzunehmen
- Vorteile: einmalige Behandlung des Baumes ausreichend, Bekämpfungserfolg weniger abhängig von äußeren Faktoren als bei der Bekämpfung mit Nematoden
- Nachteile: Fraßgift trifft alle Raupen, die sich von den Eichenblättern ernähren und daher nicht nur die Raupen des EPS, Abstandsvorschriften für Gewässer, dort daher teilweise nicht einsetzbar
14. Wie erfolgt die Bekämpfung durch Nematoden?
- Lebende Nematoden (Fadenwürmer) werden mit einer Emulsion auf die Raupen gesprüht und dringen noch vor dem Ausbilden der Brennhaare in die Raupen ein.
Die Raupen werden abgetötet.
- Vorteile: keine Abstandsvorschriften für Gewässer, zielgenauer auf die Raupen des EPS anwendbar
- Nachteile: zweifache Behandlung des Baumes erforderlich in Abend- und Nachtstunden, Wirksamkeit entscheidend von richtigem Umgang mit den Nematoden abhängig, keine Anwendung vom Hubschrauber aus
15. Wie erfolgt die Bekämpfung durch Absaugen?
- Absaugen erst möglich, wenn sich Nester gebildet haben und die Brennhaare des EPS somit schon ausgebildet wurden
- Methode ist sehr zeitaufwendig, da häufig mehrere Nester an einem Baum entdeckt und abgesaugt werden müssen
- Abgesaugtes Material muss geordnet beseitigt (luftdicht verpackt und verbrannt) werden
- Daher wird Absaugen in der Regel als zweiter Schritt für die übrig gebliebenen Nester nach einer Bekämpfung mit Foray ES oder Nematoden angewendet
16. Wie erfolgt die Behandlung mit Heißwasser oder Schaum?
(Alternative zum Absaugen)
- Die Nester werden durch Druck mit heißem Wasser oder Schaum vom Baum abgelöst. Durch die hohen Temperaturen werden die Raupen und die Eiweißstrukturen in den Brennhaaren zerstört. Damit entstehen keine entsorgungspflichtigen Abfälle. Die Bäume erleiden keine Schäden.
17. Welche Hilfestellungen leistet die Landkreisverwaltung?
- Angebot an die Gemeinden, sich an der Ausschreibung des Landkreises zur Bekämpfung des EPS zu beteiligen
- Organisation des Arbeitskreises Eichenprozessionsspinner für Gemeinden, Samtgemeinden, Forstverwaltung, Straßenbaulastträger, Vertreter Naturschutz
- Finanzielle Unterstützung für Gemeinden mit Kosten über 10.000 € → 25 % Erstattung und Gemeinden mit Kosten über 15.000 € bei vorliegenden Haushaltsmitteln
→ zusätzlich Sonderzuschüsse möglich - Beratung bei Erlass von Allgemeinverfügungen oder Gefahrenabwehrverordnungen für das Gemeindegebiet (originär zuständig ist die Gemeinde als Ordnungsbehörde nach § 11 NPOG)
18. Was können die Bürgerinnen und Bürger tun?
- Alle für sie möglichen Schutzmaßnahmen ergreifen, um eine allergische Reaktion zu vermeiden
- Gärten so anlegen, dass sie der biologischen Vielfalt und damit den Fressfeinden des EPS dienen
- Befallene Bäume in der Umgebung des Ortes dem jeweiligen Eigentümer oder der Gemeinde melden